Da umfahre ich eine Baustelle, folge der Umleitung und durchquere die mir bis dahin komplett unbekannte „Beamtenkolonie“ – so kann’s gehen, wenn man sein ganzes Leben in Duisburg wohnt und immer noch weiße Flecken auf dem Stadtplan findet. Und weil ich beim zufälligen Vorbeifahren nur einen flüchtigen Eindruck bekommen hatte, bin ich neulich einfach noch mal hingeradelt.
Die Siedlung im südlichen Stadtteil Hüttenheim liegt nämlich gar nicht so weit von mir entfernt. Ich fahre auch regelmäßig daran vorbei, aber bislang eben nicht hindurch. Sie liegt am Fuße von Duisburgs bekannter Haldenskulptur „Tiger & Turtle“ und ist von dort oben im vielen Grün kaum zu erkennen.
Zur Geschichte des „Denkmalbereiches Beamtenkolonie“: Das Essener Stahlunternehmen Schulz Knaudt kaufte 1907 vom Grafen Spee das Haus Angerort am Rhein sowie die angrenzenden Ländereien, um dort ein neues Stahl- und Grobblechwalzwerk zu errichten. Für die Umsiedlung der benötigten Facharbeiter musste genug Wohnraum zur Verfügung stehen. Deshalb wurde 1911 mit dem Bau einer Arbeitersiedlung mit dem Namen „Hüttenheim“ begonnen.
Zur gleichen Zeit ließ Schulz Knaudt für die „Beamten“ – so nannte man früher die Angestellten – eine „Beamtenkolonie“ errichten. Hier orientierte man sich an der aus England stammenden Gartenstadt-Bewegung mit aufgelockerter Wohnbebauung und großzügigen Grünflächen.
Die Beamtenkolonie dokumentiert aber auch die sozialen und gesellschaftlichen Unterschiede in der Unternehmens-Hierarchie: Je höher die Position des Beamten, desto größer waren Haus, Garten und Grundstück sowie die Entfernung des Hauses zum Werk.
Die „Villa Lenort“ (links) wurde 1938 zum Werksgästehaus und später zum Kasino umgebaut. Seit 1994 ist das Haus im Besitz eines Architekturbüros. Wenngleich sich die Siedlung mit den Gründerzeithäusern in unmittelbarer Nähe zu den Hüttenwerken Krupp Mannesmann (HKM) befindet, ist sie heute eine beliebte Wohngegend.
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